
Wenn Gemüse zu viel wird, wird es eben haltbar gemacht.
Ich hatte mal wieder zu viele Radieschen gekauft – sie sahen einfach zu verlockend aus: prall, frisch, mit knackigem Biss und sattem Blattgrün. Doch kaum daheim, wich die Vorfreude der Ernüchterung. Die Schärfe war ordentlich, fast bissig. Und die Lust auf die altbekannte Rohkostnummer mit Butterbrot und Schnittlauch hielt sich in Grenzen. Also habe ich sie kurzerhand fermentiert.
Drei Varianten, ein einfaches Grundrezept – und wie so oft war das Ergebnis: überraschend gut.
Meine ersten Fermentier-Versuche habe ich damals mit Kimchi gestartet – und seither liebe ich diese Art der Haltbarmachung. Mittlerweile fermentiere ich regelmäßig, vor allem dann, wenn in der Saison wieder Gemüse übrig ist, Für mich ist das mehr als Resteverwertung – es ist eine kleine, tägliche Bereicherung auf dem Teller.
Fermentiertes Gemüse bringt nicht nur Abwechslung in die Küche, sondern auch lebendige Mikroorganismen mit. Gut für den Darm, das Immunsystem – und das Gefühl, sich etwas Gutes zu tun, ohne großen Aufwand.
Radieschen sind dafür wie gemacht. Sie fermentieren schnell, sind absolut gelingsicher und zeigen schon nach wenigen Tagen, wie aus Schärfe Sanftheit wird. Ideal für Einsteiger – oder Ungeduldige wie mich.
Nach ein paar Tagen Gärzeit waren meine Radieschen angenehm mild, fein säuerlich und deutlich runder im Geschmack. Die bissige Schärfe – sonst typisch für viele Sorten – war fast vollständig verschwunden. Geblieben ist ein spannendes Spiel aus Säure, Frische und ganz leichtem Biss.
Probier’s einfach mal aus. Vielleicht erwischst du dich bald schon dabei, wie du das nächste Glas ansetzt – und dich stillschweigend der wachsenden Gemeinde der Fermentierwütigen anschließt.
So geht's: Das Prinzip ist immer gleich
Bevor es losgeht, kommt wie immer der erste, einfache Schritt: Wir setzen eine Salzlake an. Sie ist die Basis jeder milchsauer vergorenen Gemüsefermentation.
❈ Nur Salz, Wasser und ein bisschen Geduld – mehr braucht es nicht.
Verwendet wird ein naturbelassenes Salz – ohne Rieselhilfe, ohne Jod. Es muss nicht zwingend Meersalz sein: Ein einfaches Haushaltssalz ohne Zusätze tut hier genauso zuverlässig seinen Dienst.
In den meisten Fällen arbeiten wir mit einer 2%igen Lake – das hat sich bewährt. Es gibt natürlich Ausnahmen, bei denen eine stärkere Konzentration sinnvoll ist. Aber für Radieschen, Möhren & Co. reicht das Grundrezept völlig aus.
❈ Was wichtig
ist:
Immer wieder liest man von Essig – aber damit machst du keinen Ferment, sondern ein sauer eingelegtes Gemüse. Auch lecker, keine Frage – aber eben ein ganz anderer Prozess.
1. Grundrezept für 2%ige Salzlake
• 500 ml Wasser (Leitungswasser, gefiltert oder abgekocht)
• 10 g Salz (naturbelassen, ohne Rieselhilfe oder Jod)
Das Salz vollständig im Wasser auflösen – fertig.
Die Lake kann sofort verwendet werden.
2. Gläser vorbereiten
Bevor du loslegst, such dir passende Gläser raus – und zwar wirklich saubere. Wenn sie gerade aus der Spülmaschine kommen, spüle ich sie zur Sicherheit noch einmal mit klarem Wasser durch. Ich selbst desinfiziere meine Gläser nicht extra – und hatte damit noch nie Pech. Wichtig ist nur: sauber müssen sie sein, wirklich sauber.
Ich arbeite am liebsten mit Weckgläsern. Den Deckel lege ich dabei nur locker auf – ohne Gummi und ohne Klammern. So können die entstehenden Gase entweichen, aber es kommt nichts Unerwünschtes hinein.
Für meine drei Radieschen-Varianten habe ich kleine 500-ml-Weckgläser verwendet – meine großen waren gerade alle im Einsatz. Das geht, aber es wird knapp, wenn du mit zwei Bund Radieschen arbeitest.
Wichtig: Die Gläser dürfen nicht randvoll sein. Durch die Gärung und die eingelegten Gewichte brauchst du mindestens 4–5 cm Luft nach oben. Am besten fermentiert es sich in 1-Liter-Gläsern – einfach, weil man mehr Spielraum hat.
Du kannst natürlich auch Schraubgläser nehmen. Hauptsache, der Deckel liegt locker auf und du lässt genug Platz.
Das ganze wieso, weshalb, warum – und worauf man bei der Gläserwahl achten sollte – gibt’s bald ausführlich in einem separaten Beitrag. Heute geht’s einfach nur ums Kennenlernen: ein schneller, unkomplizierter Einstieg in die Radieschenfermentation.
3. Gemüse vorbereiten und ins Glas schichten
- Das Gemüse wird gewaschen, geputzt, zerkleinert – und direkt ins Glas gegeben.
Du kannst Gewürze hinzufügen (siehe Varianten unten) und die 2- %ige Salzlake aufgießen. Wichtig: Das Gemüse und die Gewürze müssen vollständig unter der Lake liegen, sonst kann alles verderben.
Ich verwende Glasgewichte. Es geht aber auch anders: ein Gefrierbeutel mit Wasser, ein kleines Schälchen, ein sauberer Stein – Hauptsache, das Gemüse bleibt unter der Oberfläche.
- Lake darüber, Deckel locker auflegen, fertig.
Ich stelle meine Gläser auf ein Tuch – falls es durch die Gasbildung mal leicht überläuft.
Das ist kein Fehler, sondern ein gutes Zeichen: Da
tobt das Leben. Die Mikroben feiern
längst ihre kleine Party – und laden dich bald zum Probieren ein.
4. Warten, beobachten, freuen
Jetzt heißt es: stehen lassen. Am besten an einem ungestörten Ort – nicht direkt in der Sonne, aber auch nicht im Kühlschrank. Kontrolliere täglich kurz, ob alles gut untergetaucht ist. Falls sich etwas oben absetzt: einfach abschöpfen.
Nach 3–5 Tagen, je nach Temperatur und Geschmack, sind die Radieschen so weit. Angenehm säuerlich, aber noch schön knackig. Die rote Farbe hat sich aus der Schale gelöst und färbt die Lake zartrosa – ein schöner Nebeneffekt, der auch optisch Lust aufs Probieren macht.
Dann geht’s ab in den Kühlschrank. Dort fermentieren sie nur noch ganz leicht weiter – und sind ab sofort bereit zum Snacken, für die Brotzeit oder als würzige Beilage.
Im Kühlschrank halten sich fermentierte Radieschen locker ein paar Wochen. Je länger sie stehen, desto intensiver wird der Geschmack. Wer sie frisch und knackig mag, isst sie lieber früher. Wer es würziger liebt, lässt sie einfach weiter reifen.
Radieschen gehören zu den schnellsten Fermenten überhaupt – deshalb sind sie ideal für Einsteiger. Und auch perfekt für Ungeduldige wie mich.
Jetzt kommt mein Lieblingsmoment:
Die drei Varianten nebeneinander probieren – mild, würzig, gemischt – und schauen, was am besten passt.

1. Radieschen-Solo
Diese Variante kommt ganz ohne großes Drumherum aus – nur ein paar gezielte Aromen unterstützen die feine Schärfe der Radieschen: Ich gebe 2–3 Stängel frischen Thymian und einige Wacholderbeeren ins Glas. Das passt hervorragend zur leicht pfeffrigen Note der Knollen und gibt Tiefe, ohne aufdringlich zu sein.
Ich viertle die Radieschen, damit sie schön bissfest bleiben. So lassen sie sich prima snacken und behalten trotzdem etwas Biss.
Wer mag, kann auch mit Senfkörnern, Pfefferkörnern oder einem Lorbeerblatt variieren – das harmoniert ebenfalls gut mit der Grundschärfe der Radieschen.

2. Radieschen & Karotten in Scheiben
Hier treffen knackige Radieschen und süße Karottenscheiben aufeinander – eine farblich wie geschmacklich schöne Kombi. Ich habe sie mit 2 Lorbeerblättern und einer angedrückten Knoblauchzehe gewürzt. Das gibt Tiefe und eine herzhafte Note.
Wer mag, kann zusätzlich mit einigen Pfefferkörnern, etwas Ingwer oder ein paar Senfkörnern spielen. Das passt gut zur leichten Schärfe der Radieschen und bringt Würze ohne Schwere.

3. Radieschen & Möhren – würzig mit Piment und Zwiebel
Für diese kräftigere Variante habe ich geviertelte Radieschen und gestiftelte Möhren verwendet – das bringt Struktur und Biss ins Glas. Dazu kamen Zwiebelringe, eine angedrückte Knoblauchzehe, Pfeffer- und Pimentkörner sowie ein Zweig frischer Thymian.
Das ergibt ein würziges, leicht rustikales Aroma – ideal zur Brotzeit oder als Begleiter zu Käse und Aufstrich.
Wer noch etwas experimentieren will, kann zusätzlich mit Senfkörnern, einem kleinen Zweig Rosmarin oder einer Prise Koriandersaat arbeiten. Die Mischung verträgt Würze – ohne ihren Charakter zu verlieren.
✶ Was gut mit Radieschen harmoniert (auch fermentiert):
Kräuter:
• Thymian (klassisch, erdig)
• Dill (frisch, sommerlich)
• Estragon (für eine feine Anisnote)
• Bohnenkraut (kräftiger, herzhafter)
• Rosmarin (sparsam – nicht zu dominant)
• Koriandergrün (für Frische mit fernöstlichem Einschlag – passt besonders gut in gemischten Varianten mit Karotte oder Chili)
Gewürze:
• Wacholderbeeren (weich, aromatisch)
• Senfkörner (klassisch bei Fermenten)
• Pfefferkörner (gibt Tiefe, nicht zu viel)
• Koriandersaat (leicht zitronig, sehr fein zu Radieschen!)
• Kümmel (vorsichtig dosieren – eher bei gemischtem Gemüse gut)
• Fenchelsaat (für eine milde Süße im Nachgeschmack)
Gemüse zum Kombinieren:
• Karotte (bringt Süße, ergänzt die Schärfe)
• Rote Zwiebel (rundet ab, bringt Farbspiel und leichte Süße)
• Kohlrabi (für mehr Biss, neutraler Geschmacksträger)
• Rettich (für extra Schärfe, ergibt eine kräftige Mischung)
• Apfelscheiben (für Experimentierfreudige –
süß-säuerlich)
Bonus-Idee für Fortgeschrittene:
• Ein kleines Stück Meerrettich – bringt Tiefe und eine neue Art von Schärfe
• Zitronenzeste (nur Bio!) – sehr fein bei kurzer Fermentierzeit
Probier dich ruhig durch – Radieschen sind überraschend wandlungsfähig und verzeihen auch mal einen wilden Aromenausflug.

Wenn dir die Radieschen geschmeckt haben, dann wirst du den fermentierten Spargel lieben – ganz einfach mit Kräutern aus dem Garten.

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